Grundlagen Antibiotikatherapie
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9.6.1 Grundlagen Antibiotikatherapie
9.6.1.1 Einführung
Leitsätze antimikrobielle Therapie
(nach Daschner/Frank; modifiziert)
− Fieber allein ist keine Indikaton für eine antimikrobielle Therapie („Ein
Antibiotikum ist kein Antipyretikum“).
− Vor jeder antimikrobiellen Therapie zunächst Materialgewinnung zur
Erregerisolation (außer bei: perioperativer Prophylaxe, Kurzzeittherapie
unkomplizierter Infektionen):
− korrekte Probenentnahme und Transport (beachte Transportmedien bei
Rachenabstrichen bzw. Wundabstrichen; bei Blutkulturen: Hautdesinfektion
30 sec, beachte abzunehmende Blutmenge).
− Blutkulturen bei V.a. systemische und/oder lokale Infektionen (Pneumonie,
Sepsis, Meningitis, Osteomyelitis, postoperative Infektioen) und bei jedem
unklaren Fieber.
− bereits Hinweise aus mikroskopischem Präparat zur Erregereingrenzung
nutzen (Antibiogramm erst 1-3 d später verfügbar).
− Umstellung der Therapie, wenn Antibiogramm verfügbar.
− Die Austestung als „empfindlich“ im Antibiogramm bedeutet nicht, dass eine
Substanz auch tatsächlich wirkt (methodisch bedingt falsche Resultate in bis zu 20 % ).
− Bei kalkulierter Therapie ist die Kenntnis der aktuellen Resistenzsituation
unerläßlich, davon ist abhängig, ob Schmalspektrum- oder
Breitspektrumpräparat, ob Mono- oder Kombinationstherapie.
− Vor Therapiebeginn nach Allergien fragen (viele anamnestische Penicillin-
Allergien sind jedoch keine Allergien, daher im Zweifelfall testen).
− Auch bei optimalem Antibiotikum erfolgt eine Entfieberung meist erst nach 2-3 d,
daher Therapie nicht zu früh umsetzen.
− Zunächst Standardantibiotika wählen, Reservepräparate nur für wenige
Spezialindikationen nutzen.
− Wenn nach 3-4 Tagen keine wesentliche Besserung, überdenke die Therapie.
Mögliche Ursachen: falsches Antibiotikum, Antibiotikum kann nicht wirken (Pilze,
Viren, Drug-Fieber), Antibiotikum erreicht Infektionsort nicht, Abszeß,
Immunsuppression, Fremdkörper (zentraler Venenkatheter, aber auch
Venenverweilkanülen; Blasenkatheter, u.a.).
− Therapiedauer nicht zu lange: meist ist eine Gabe bis (max.) 3-5 Tage nach
Entfieberung ausreichend (mit zunehmender Therapiedauer nehmen Selektion
resistenter Erreger, Nebenwirkungen und Toxizität zu).
− Frühzeitige Umstellung von parenteral auf oral.
− Perioperative Antibiotikagabe so kurz wie möglich (Einmalgabe oft ausreichend).
− Lokalantibiotika können oft durch Antiseptika ersetzt werden.
− Beachte Dosisanpassung bei Nieren- oder Leberinsuffizienz, beachte
Interaktionen mit anderen Pharmaka.