gastrointestinale und intraabdominelle Infektionen 167
Infektio-Guide / KAROW PHARMAKOLOGIE 2022 Infektio-Guide / KAROW PHARMAKOLOGIE 2022 Infektio-Guide / KAR
Mehr als 90 % der akuten Diarrhoen sind infektiös bedingt. Die übrigen 10 % werden
durch Pharmaka, Vergiftungen, Ischämie oder andere Ursachen ausgelöst.
Akute Diarrhoen sind meist selbstlimitierend: Reisediarrhoe innerhalb von 4 Tagen, die
Nahrungsmittelintoxikation nach 1 bis 2 Tagen.
akute nicht entzündliche Diarrhoe:
− selten Fieber oder Erbrechen, keine vermehrten Leukozyten im Stuhl, kurze Inkubationszeit
(Beginn wenige h nach Toxiningestion)
− Bspl.: Staphylococcus aureus (Softeis), enterotoxischer E. coli (≈ ETEC), Clostridium perfringens,
Norovirus (früher Norwalk), Rotavirus, Vibrio cholerae
akute entzündliche Diarrhoe:
− Fieber und häufiges Erbrechen (Zeichen der Erregerinvasion), Leukozyten im Stuhl, gelegentlich
blutiger Stuhl, längere Inkubationsdauer (16-48 h)
− Bspl.: Enteritis-Salmonellen (endemisch, Eier), Shigellen, Campylobacter jejuni (Fleisch),
enterohämorrhagische E. coli (EHEC), enteroinvasive E. coli (EIEC), Amöben
Indikation zur weiteren Diagnostik (=> mikrobiologische Stuhluntersuchung):
− schwerer Verlauf: sehr starke Durchfälle mit Dehydratation, Fieber ≥ 38,5 OC, blutiger Stuhl,
starke Bauchschmerzen, Dauer > 48 h ohne klinische Besserung, Patienten ≥ 70 Jahre, kleine
Kinder, Immunsupprimierte
− Auslandsaufenthalt, v.a. in südlichen, subtropischen oder tropischen Ländern
− mehrere Patienten mit akuten Durchfällen in der Umgebung
− Beschäftigte in lebensmittelrelevanten Bereichen bzw. im Gesundheitswesen
Therapie:
− Flüssigkeits-/Elektrolytsubstitution, bei schwerer Erkrankung WHO-Glukose-Elektrolyt-Trinklösung:
NaCl 2,6 g, KCl 1,5 g, Na-Citrat 2,9 g, Glukose 13,5g auf 1000 ml Wasser 4.3.4
− bei schwerem Verlauf (s.o.): Antibiotika => empirische oder spezifische Therapie (s.u.)
− ggfs Motilitätshemmer (Loperamid): sehr zurückhaltend, denn infektiöser Durchfall gehört „raus“
− erwäge adjuvant Saccharomyces boulardii (Perenterol®) 4.3.4
Infektiöse Enteritiden
leichte und mässige Enteritis:
− durch Bakterien (s.u.), Viren oder Parasiten verursacht; Viren verursachen üblicherweise leichte
bis mässige Verläufe
− keine Antibiotika, weitere Therapie s.o.
schwere Enteritis – empirische Therapie:
− v.a. durch Bakterien (Salmonellen, Shigellen, Campylobacter, E. coli, Clostridium difficile)
− Ciprofloxacin (2 x 500 mg p.o.) oder Levofloxacin (1 x 500 mg p.o.) für 3-5 d, alternativ Cotrimoxazol
(2 x/d für 3-5 d)
− Ciprofloxacin verkürzt die Dauer der Diarrhoe, jedoch nicht die Erregerausscheidung.
− Beachte: v.a. bei Kindern mit afebriler blutiger Diarrhoe an Infektion mit E. coli 0157:H7 denken.
Das Risiko eines hämolytisch-urämischen Syndroms (HUS) beträgt bei einer Infektion mit E. coli
0157:H7 für Kinder 8-10 %. Ciprofloxacin und Cotrimoxazol erhöhen Risiko eines HUS (s.u.).
4.3.1. Akute Diarrhoe – Synopsis