
Impfungen 300
Infektio-Guide / KAROW PHARMAKOLOGIE 2022 Infektio-Guide / KAROW PHARMAKOLOGIE 2022 Infektio-Guide / KAR
Jede Impfung zählt ! Grundsätzlich gibt es keine zu großen Abstände zwischen den
Impfungen: auch eine unterbrochene Grundimmunisierung oder nicht zeitgrechte
Auffrischungen müssen nicht neu begonnen werden, sondern werden mit den fehlenden
Impfdosen komplettiert.
Impfungen sollen zum frühstmöglichen Zeitpunkt erfolgen (gilt v.a. für Säuglinge wegen der besonderen
Gefährdung). Bevorzuge Kombinationsimpfstoffe (um Zahl der Injektionen gering zu halten). Überprüfung
und Vervollständigung des Impfstatus ist in jedem Alter sinnvoll. Fehlende Impfungen sollen
sofort (entsprechend den Empfehlungen für das jeweilige Alter) nachgeholt werden.
Weitere Anmerkungen zum Impfkalender:
− Diphtherie: üblicherweise kombinierter Impfstoff mit Tetanus und Pertussis; beachte ständige
Auffrischimpfungen; Indikationsüberprüfung bei Tetanusimpfung
− Pertussis: üblicherweise kombinierter Impfstoff mit Tetanus und Diphtherie, beachte ständige
Auffrischimpfungen; Impflücken v.a. bei Jugendlichen schließen; bei Erwachsenen ist die nächste Tetanus-
Diphtherie Impfung als Tetanus-Diphtherie-Pertussis empfohlen, ggfs + Poliomyelitis. Kein Pertussis-
Monoimpfstoff verfügbar.
− Haemophilus influenzae Typ B (Hib): ab 5 J. nur noch in Ausnahmefällen (funktionelle/anatomische Asplenie)
− Hepatitis B (HB): bei der Regelimpfung im Kindes- und Jugendalter ist eine Kontrolle des Impferfolges nicht
notwendig. Eine Auffrischimpfung nach Impfung im Säuglings- oder Kleinkindalter ist derzeit für Kinder und
Jugendliche nicht generell empfohlen.
− humane Papillomaviren (HPV): Zervix-Ca wird in bis zu 99,8 % durch Infektion mit bestimmten HPV-Viren
verursacht (wobei HPV 16+18 ca. 70 % aller invasiven Zervix-Ca und mehr als 50 % der hochgradigen
zervikalen intraepithelialen Neoplasien ≈ CIN 2/3 verursachen). Bisherige Impfstoffe: Gardasil® (tetravalent:
gegen HPV 6,11,16,18), Cervarix® (bivalent: gegen HPV 16,18). Damit beide gegen HPV 16+18; Gardasil
zusätzlich gegen HPV 6 und 11 vor, die Feigwarzen verursachen. Gardasil® 9 (2016): monovalente Vakzine:
zusätzlich gegen HPV 31,33,45,52,58 => theoretische Impfeffektivität von 90 % gegen invasives
Zervixkarzinom und 75-85 % gegenüber CIN 2/3.
HPV-Impfung empfohlen für alle Mädchen und Jungen im Alter von 9-14 J., wobei Impfung mit 3 Dosen vor
dem ersten Geschlechtsverkehr abgeschlossen sein sollte. In bisherigen Langzeitstudien (≥ 5 J.) kein Anhalt
für nachlassenden Impfschutz. Trotz der HPV-Impfung bleiben Vorsorgeuntersuchungen weiterhin
notwendig (nicht alle HPV-Infektionen werden durch (bisherige) Impfstoffe abgedeckt).
HPV-Impfung und demyelinisierende Erkrankungen: in 2 Arbeiten (JAMA 313: 54-61 (2015); JAMA Neurol
71: 1506-1513 (2014)): kein kausaler Zusammenhang zwischen HPV-Impfung und demyelinisierende
Erkrankungen. Kurzfristig erhöhtes Risiko für demyelinisierende Erkrankungen in den ersten 30 d nach Impfung,
am ehesten wird bei bereits bestehender Erkrankung durch Impfung subklinische in manifeste Form transformiert.
− Masern, Mumps, Röteln (MMR): Kombinationsimpfstoff, 2. Impfung bis Ende 2. Lebensjahr, um
frühstmöglichen Impfschutz zu erhalten. Mädchen sind durch die 2-malige Impfung vor einer
Rötelnembryopathie gesichert. Auch für alle nach 1970 geborenen Erwachsenen mit nicht vollständiger
Immunisierung, v.a. wenn in Gesundheitsdienst, Gemeinschaftseinrichtung oder Betreuung von
Immundefizienten arbeitend (einmalige Impfung, bevorzugt MMR)
− Meningokokken B: Impfung seit 2013 verfügbar, aber keine generelle Impfempfehlung. Nur bei hochgradiger
Immundefizienz zusätzlich zu Impfung gegen Serogruppen A,C,W,Y empfohlen ( Indikationsimpfungen)
− Meningokokken C: frühstmögliche Grundimmunisierung mit konjugiertem Meningokokken-C-Impfstoff;
beachte Impfung von Risikopersonen ( Indikationsimpfungen)
− Meningokokken A,C,W,Y: nur bei bestimmten Indikationen ( Indikationsimpfungen)
− Pneumokokken: frühstmögliche Grundimmunisierung für alle Kinder bis 24 Mo mit Pneumokokken-Konjugat-
Impfstoff. Personen ≥ 60 J.: einmalig 23-valenter Pneumokokken-Polysaccharid-Impfstoff (PPSV 23).
Beachte Wiederholungsimpfungen von Risikopersonen ( Indikationsimpfungen)
− Rotaviren: Schluckimpfung mit oralem Lebendimpfstoff. Impfserie früh starten, da ein gering erhöhtes Risiko
für Darminvagination (1-2/100.000 geimpfte Kinder) mit dem Alter steigt. Impfserie muss für Rotarix® bis 24
Wochen (optimal bis 12 Wo) und für RotaTeq bis 32 Wo. (optimal bis 20-22 Wo) abgeschlossen sein.
− Poliomyelitis: keine Empfehlung mehr für den Polio-Lebendimpfstoff (orale Polio-Vakzine), wegen der
(seltenen) Gefahr einer Vakzine-assoziierten paralytischen Poliomyelitis. Jetzt Gabe einer inaktivierten Polio-
Vakzine (wird injiziert). Bei vollständiger Grundimmunisierung plus Auffrischung als Jugendlicher o. Erwachsener
besteht eine vollständige Immunisierung. Keine routinemäßige Auffrischung nach 18. Lebensjahr
− Varizellen: Impfung üblicherweise zwischen 11-14 Monaten, entweder simultan mit 1. MMR-Impfung oder
frühestens 4 Wochen danach. Die 2. Dosis dann im Alter von 15-23 Monaten. Alle ungeimpften Kinder +
Jugendliche ohne Varizellenanamnese sollen mit 2 Dosen nachgeimpft werden bzw. wenn nur 1 Impfung
erhalten, dann 1x nachimpfen.
− Herpes zoster: Standardimpfung mit Totimpftsoff (Shingrix®) für alle ab 60 J und bei Risikopersonen ab 50
J. ( Indikationsimpfungen) zur Verhinderung von Herpes zoster und postherpetischer Neuralgie (Zoster-
Schmerzen). Nahezu jeder in Deutschland aufgewachsene Erwachsene ≥ 50 J hat Windpocken
durchgemacht. Impfung verhindert Reaktivierung der latent in den Nervenganglien verbliebenen Varzella-
Zoster-Viren. Zoster-Impfung ist nicht zur Therapie des akuten Zoster oder Spätfolgen bestimmt, schützt
aber vor Zoster-Rezidiv. Impfung nach akutem Zoster, wenn Symptome abgeklungen. Impfung Zoster +
Influenza gemeinsam möglich. Impfung mit Herpes-zoster-Lebendimpfstoff ist out.
− Influenza: Standardimpfung für alle ab 60 J und bei Risikopersonen ( Indikationsimpfungen) mit
inaktiviertem quadrivalenten Hochdosis-Impfstoff mit aktueller, von WHO empfohlender Antigen-Kombination.
Für Kinder und Jugendliche (2-17 J) erwäge oder bei Hindernissen für Injektion (Spritzenphobie,
Gerinnungsstörungen) bevorzuge attenuierten Influenza-Lebendimpfstoff, dann bevorzugt als nasalen
Impfstoff (höhere Akzeptanz).