gastrointestinale und intraabdominelle Infektionen 182
Infektio-Guide / KAROW PHARMAKOLOGIE 2022 Infektio-Guide / KAROW PHARMAKOLOGIE 2022 Infektio-Guide / KAR
4.10.1 Akute Pankreatitis und akuter Schub einer chronischen Pankreatitis
(s.a. DGVS-Leitlinie chronische Pankreatitis 2012 „akuter Schub“)
− schwere Pankreatitis: nach initialer Nahrungskarenz bevorzuge enterale Sondenernährung
statt parenterale Ernährung.
− Wandel vom aggressiven operativen hin zum konservativen Vorgehen. Bei infizierten
Nekrosen endoskopische Nekrosektomie (transgastrisch, transduodenal) – vermeide
offene Nekrosektomie, da hohe Sterblichkeit.
Diagnose: akute Bauchschmerzen (in den Rücken ausstrahlend, oft mit gummiartiger
Abwehrspannung) mit mind. 3-fach erhöhter Amylase bzw. Lipase.
Anmerkung: mind. 3-fach erhöhte Enzymanstige sind nicht spezifisch für eine Pankreatitis. Bis zu 5 % der
Patienten bei Diagnosestellung ohne entsprechende Erhöhung. Amylase fällt schneller ab als Lipase.
Höhe des Enzymanstiegs korreliert nicht mit Schweregrad oder Prognose.
Ätiologie: v.a. biliäre (40-60 %) oder alkoholinduzierte (15-30 %) Genese, seltener Hyperlipidämie und
Hypercalcämie.
Biliäre Genese: Steine im Gallengang pathognomonisch, typisch: Transaminasen, AP, Bilirubin ↑.
Klinik/Schweregrad:
Labor:
− üblicherweise Leukozytose und CRP ↑, pathognomisch für Pankreatitis ist Lipaseerhöhung
(initaler Diagnostikparameter, aber nicht zur Verlaufsbeurteilung geeignet), bei biliärer Genese
Transaminasen, AP, Bilirubin ↑. Serumcalcium als Verlaufsparameter, ↓ bei schwerer Pankreatitis
schwere Pankreatitis (keine präzise Definition):
− ausgeprägte Klinik (Schmerzen, lokaler Peritonismus), Leukozytose > 15.000/μl,
CRP > 12 mg/dl, Kreatinin > 1,2 mg/dl, pO2 < 60 mmHg
− Komplikationen: Nekrosen, Pseudozysten, Abszesse, Sepsis mit Multiorganversagen.
Nekrosen-Nachweis per Kontrastmittel-CT ist Sonographie überlegen. Aus einer
initial milden Pankreatitis kann eine schwere, nekrotisierende Pankreatitis entstehen.
− schwere, nekrotisierende Pankreatitis verläuft oft in 2 Schüben: (a) initial hohe Entzündungsparameter
infolge Pankreatitis, noch aseptisch (b) passagere Besserung, nach ca. 1 Woche
erneuter Anstieg Entzündungsparameter infolge Infektion der Exsudate.
Therapie:
− Intensivstation bei schwerer, Normalstation bei leichter bis mittelschwerer Pankreatitis
− ausreichende parenterale Volumensubstitution (bessert die Prognose): initial 5-10
ml/kg/h. Volumenbedarf wird oft unterschätzt. Steuerung der Volumengabe 5.2.4
− orale Nahrungskarenz (bessert Übelkeit/Erbrechen und Schmerzen): solange
parenterale Flüssigkeit. Bei milder Pankreatitis zügig orale Ernährung, bei
schwerer Pankreatitis enterale Sondenernährung. Belegter Nutzen einer frühen (ab 3.
Tag) enteralen Ernährung via Sonde im Jejunum. Merke: enterale Ernährung besser als
parenterale Ernährung. Keine enterale Ernährung bei paralytischem Ileus.
− keine Magensonde (außer bei (Sub-)Ileus und Erbrechen)
− Stressulkusprophylaxe: Protonenpumpenhemmer
− Analgesie: Opioide i.v., Procain i.v. (über Perfusor, max. 2 g/24 h), Periduralkatheter
(Bupivacain). Opioide können zu Tonussteigerung des Sphincter oddi führen, dies sei unter
Buprenorphin weniger ausgeprägt. Adjuvant Metamizol (analgetisch und spasmolytisch). Bei
unzureichender Analgesie Periduralkatheter. Pankreasenzyme sind zur Analgesie nicht geeignet.
Procain ist eine historische Empfehlung: keine valide Literatur, Wirkmechanismus unklar,
vermutlich Beeinflussung der Phospholipase A2, hingegen kein lokalanästhetischer Effekt.
NEWS
− Akute gürtelförmige Oberbauchschmerzen rechts,
ausstrahlend in den Rücken (90 %), im Verlauf
„Gummibauch“ (60 %) mit gespanntem Abdomen
infolge peripankreatischer Flüssigkeitsexsudation
− Erbrechen (80 %), reflektor. Darmparalyse (70 %)
− Fieber (60 %), im Verlauf Sepsis
akute Pankreatitis /
Schweregrad
Häufigkeit
Prognose
leichte, ödematöse
Pankreatitis
80-85% selbstlimitierend,
Sterblichkeit gegen O
schwere, nekrotisierende
Pankreatitis
10-15% Sterblichkeit > 20 %
(bei Totalnekrose > 50 %)
Tab. 4.23