Virusinfektionen 271
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9.6.5.4 COVID-19 (Coronavirus Disease 2019)
S3-Leitlinie zur stationäre Therapie bei COVID-19 (11/2020, Revision 05/2021)
Allgemeines:
− üblicherweise Atemwegsinfektion mit Husten, Fieber, respiratorischen Symptomen
− typisch für COVID-19 ist Geruchs- und Geschmacksverlust (aber nur bei 20 % der Pat)
− bei 95 % der Pat milde Symptome (Husten, Fieber), bei 5 % stationäre Therapie
− vermehrt bei COVID: „silent hypoxemia“ ≈ „happy hypoxemia“: subjektive Symptomfreiheit
ohne Dyspnoe und ohne erhöhte Atemfrequenz trotz Hypoxämie (pO2 < 50 statt normal 75-100 mmHg) =>
u.a. Gefahr der unbemerkten respiratorischen Verschlechterung und der hypoxischen Organ-Schädigung.
Daher ist Messung der O2-Sättigung (Pulsoxymetrie) essentiell zur Beurteilung auch von ambulanten
Patienten. Pathophysiologisch besteht eine verminderte Wahrnehmung des Sauerstoffmangels (Ursache
unklar), Dyspnoe erst bei Hyperkapnie.
− virologische Diagnostik: Virusnachweis per PCR-Test ist obligat (Schnelltest erfasst
Antigennachweis auf SARS-CoV-2, ist aber nicht sensitiv genug - v.a. bei niedriger
Viruslast; negativer Antigentest schließt COVID nicht aus, daher zusätzlich PCR)
− Risikofaktoren für Komplikationen: hohes Alter, Immunsuppression, chronische
Grunderkrankungen (Herz-Kreislauf; Diabetes mellitus, Lunge, Adipositas)
− Ambulant: leichte Erkrankung ohne Risikofaktoren für Komplikationen
− stationäre Aufnahme: schwere Erkrankung u/o Risikofaktoren für Komplikationen
− Intensivstation: Hypoxämie (SpO2 < 90 % unter 2-4 lO2/min bei nicht vorbestehender O2-
Therapie) und Dyspnoe oder erhöhter Atemfrequenz (> 25/min)
− Komplikationen: Mikrothrombosierungen bis hin zu Thrombosen und Lungenembolien,
Herzrhythmusstörungen, myokardiale Schädigung, akutes Lungenversagen (ARDS),
akutes Nierenversagen, Multiorganversagen (Zeitdauer Symptombeginn bis
Intensivaufnahme ca 10 d)
− Labor (Auswahl): Lymphopenie (80 %), CRP-Erhöhung (60 %), D-Dimer-Erhöhung (bis
zu 60 %), LDH-Erhöhung (60 %), AST-Erhöhung (1/3)
− CT-Thorax: v.a. zum Ausschluß von Differentialdiagnosen (z.B. Lungenembolie), bei
COVID früh bilaterale Milchglastrübungen (nicht COVID-spezifisch)
Therapie mit gesichertem Nutzen:
− Medikamentöse Thrombembolieprophylaxe für alle hospitalisierten Patienten:
niedermolekulares Heparin (in Dosis für Hochrisikobereich) oder alternativ Fondaparinux
(bei Heparinunverträglichkeit oder HIT), bei zusätzlichen Risikofaktoren (Adipositas mit
BMI > 35 kg/m2), Z.n. venöser Thrombembolie, bekannter Thrombophilie, Intensivtherapie,
D-Dimer > 2-3 mg/l) erwäge intensivierte Thrombembolieprophylaxe (z.B.
halbtherapeutische Dosis niedermolekulares Heparin. Therapeutische Antikoagulation
nur bei sicherer Indikation wie venöse Thrombembolie oder ECMO, nicht routinemässig
bei kritisch Kranken (weil Blutungskomplikationen)
− Kortikosteroide: Dexamethason 6 mg/d i.v./p.o. für 10 Tage indiziert bei (a) schwerer
COVID-19 (SpO2 < 90 %, Atemfrequenz > 30/min) oder (b) kritischer COVID-19 (ARDS,
Sepsis, Beatmung, Vasopressoren). Absolute Reduktion der 28-Tages-Sterblichkeit von
2,8 % mit zunehmendem Effekt bei höherer Krankheitsschwere. Bei ambulanten Patienten
bislang (EMA 05/2021) keine Empfehlung für inhalative Glukokortikoide wie Budesonid (Nutzen
unzureichend belegt, wenngleich kein Anhalt für Schädigung oder Risiko).
− Erwäge Tocilizumab (gewichtsadaptierte Einmalgabe i.v.) bei progredient schwerer COVID-19
(CRP ↑↑ und erhöhter O2-Bedarf). Geringer Nutzen in Kombi mit Kortikosteroiden bzgl.
Sterblichkeit und Progress zur invasiven Beatmung. Kein Tocilizumab bei bakterieller
oder fungaler Infektion.
− Erwäge monoklonale Antikörper bei nosokomialer Infektion: in Sondergruppe „hospitalisierte Pat mit früher
COVID-19 Infektion ohne respiratorische COVID-19 Symptome (< 72 h nach erster positiver PCR u/o < 7 d
seit Symptombeginn), mit mind. 1 Risikofaktor für schweren Verlauf“ haben diverse monoklonale Antikörper
gegen COVID-19 (Bamlanivimab, Etesevimab, Casirivimab, Imdevimab) zu verminderter Viruslast und
Hospitalisation geführt. Beachte besonderes Kollektiv, keine Antikörper bei moderater bis schwerer COVID-
19 (fehlender Nutzen).