Blutstrominfektionen 127
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9.6.3.1 Sepsis - antimikrobielle Therapie
(Surviving Sepsis Campaign 2016, PEG 2018)
Sepsis-Diagnose und allgemeine Sepsis-Therapie 2.14.4
Die „Sepsis-Bündel“ fassen die wichtigsten Maßnahmen bei Sepsis zusammen:
innerhalb
der ersten
3 h
− (1) Messung Laktat-Spiegel
− (2) Blutkulturen vor Antibiotikagabe, dann (3) Breitspektrum-Antibiotika
− (4) Kristalline Infusion 30 ml/kg bei Hypotension oder Laktat ≥ 4 mmol/l
innerhalb
der ersten
6 h
− (5) Vasopressoren, falls Hypotension nicht auf initiale Volumengabe anspricht,
um einen mittleren arteriellen Blutdruck (MAP) von ≥ 65 mmHg zu erzielen
− (6) bei anhaltender Hypotension nach initialer Volumengabe (MAP < 65
mmHg) oder bei initialem Laktat ≥ 4 mmol/l werden Volumenstatus und
Gewebeperfusion erneut beurteilt und (7) der Laktatspiegel kontrolliert
Allgemeine Empfehlungen:
Anteil Überlebende
Anteil effektiver Antibiotikatherapie
− zuerst Blutkulturen vor Antibiosebeginn (2-3 Pärchen) aus peripherer Venen (wegen
erhöhtem Kontaminationsrisiko keine Empfehlung zur Abnahme über ZVK oder arteriellen Zugang)
− dann schnellstmöglich antimikrobielle Therapie (innerhalb 1 h nach Diagnosestellung der
Sepsis, damit üblicherweise parallel zur Kreislauftherapie 2.14.4)
− hochdosierte parenterale Antibiotikagabe bei der Sepsis (weder Sequentialtherapie
noch Dosisreduktion sind studienmäßig belegt)
− auch wenn bei bekanntem Erreger aus mikrobiologischer Sicht eine Monotherapie empfehlenswert ist,
so ist aus klinisch-infektiologischer Sicht bei lebensbedrohlicher Erkrankung initial eine Kombinationstherapie
indiziert: Aminoglykoside sind traditionell die bevorzugten Kombinationspartner für Beta-
Lactam-Antibiotika, Fluorchinolone als Kombinationspartner für Beta-Lactam-Antibiotika sind eine
neuere Option (pharmakokinetisch vorteilhaft, geringere Toxizität, keine Spiegelbestimmungen. Aber
höhere Resistenzen als unter Aminoglykosiden). Fosfomycin als neue Kombinationsoption. Für die
Kombinationstherapie ist aber keine Sterblichkeitssenkung belegt.
− Empfehlung für Pseudomonas-wirksame Breitspektrumantibiotika: Carbapenem
(Imipenem, Meropenem) oder Piperacillin/Tazobactam oder Cephalosporin Gruppe 3 b
(Ceftazidim, Cefepime); keine Empfehlung für Monotherapie mit Fluorchinolon (Gruppe 2:
Ciprofloxacin, Gruppe 3: Levofloxacin) wegen steigender Resistenzen bei Enterobacteriaceae und
Pseudomonas.
− Dauer der Antibiotikatherapie ist abhängig vom Ansprechen und beträgt meist 7-10
Tage (länger bei langsamen Ansprechen, nicht sanierbarem Fokus u/o Immunsuppression)
Eine verspätete und inadäquate Antibiotikatherapie
sind wesentliche Risikofaktoren für
die Sterblichkeit bei Sepsis. Mit jeder Stunde
einer verzögerten adäquaten Antibiotikagabe
nimmt die Sterblichkeit initial um ca. 7 % zu.
Crit Care Med 34: 1589-1596 (2006)
Zuerst Blutkulturen, dann Antibiotika (bereits
in der ersten Stunde). Antibiotika sind in der
Sepsis „Notfallmedikamente“, die Auswahl
orientiert sich an Empfehlungen (s.u.) und
der lokalen Erreger- und Resistenzsituation.
100 %
80 %
60 %
40 %
20 %
0 %
½ 1 2 3 4 5 6 9 12 24 36 >36 h
„Hit hard and early“
=> breit, hochdosiert und frühzeitig
Zeit ab Schockbeginn
− Procalcitonin ≈ PCT (HWZ 24 h) ist das
Prohormon von Calcitonin (HWZ 10 min) und
steigt bei der Sepsis (im Gegensatz zu
Calcitonin) auf das 5.000-10.000fache an
− PCT-Bestimmung im Serum wird zum
Nachweis/Ausschluß der Diagnose empfohlen
PCT Aussage
< 0,5 ng/ml schwere Sepsis ausgeschlossen
> 1,0-2,0 ng/ml hohes Risiko für Sepsis
> 10 ng/ml schwere Sepsis (definitionsgemäß
mit Organdysfunktion)