Antibiotika 51
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9.1.12 Gyrasehemmer ≈ Chinolone
Die neuen Gyrasehemmer aus der Gruppe der Fluorchinolone werden nach der Paul-
Ehrlich-Gesellschaft in 4 Gruppen eingeteilt.
Eine Einteilung in Generationen/Gruppen impliziert, daß die zuletzt herausgebrachte Generation die
vorherige in allen Wirkungen übertrifft und daher vorzuziehen sei. Dem ist nicht so ! Es sollen die
Unterschiede im antibakteriellen Spektrum und damit im Indikationsgebiet betont werden.
Fluorchinolone
Gruppe Freiname Handelsname Charakteristika
I Norfloxacin Generika nur bei Harnwegsinfektionen
II Enoxacin
Fleroxacin
Ofloxacin
Ciprofloxacin
Enoxor®
außer Handel
Tarivid®
Ciprobay®
systemisch anwendbare Fluorchinolone
mit bislang breiter Indikation, neuerdings
aber restriktive Empfehlungen (s.u.)
III Levofloxacin Tavanic® verbesserte Aktivität gegen grampositive
und atypische Erreger
IV Moxifloxacin Avalox® wie Gruppe III + Anaerobier
Tab. 9.38: Übersicht Fluorchinolone (Auflistung innerhalb einer Gruppe nach aufsteigender invitro
Aktivität). Gruppenzuweisung von Levofloxacin umstritten, da Levofloxacin das linksdrehende
Enantiomer ≈ antibakteriell wirksamer Anteil des Racemats Ofloxacin ist.
Wegen Nebenwirkungen außer Handel: Sparfloxacin (phototoxisch), Gatifloxacin (Einfluss auf
Zuckerstoffwechsel).
Fluorochinolone wurden aufgrund der hohen antibakteriellen Aktivität und der oralen
Wirksamkeit umfangreich eingesetzt. Wegen Kollateralschäden (Resistenzen) und
Nebenwirkungen (u.a. Tendinitis) neuerdings nur noch begrenzt empfohlen.
EIGENSCHAFTEN:
− degenerativ bakterizid durch Hemmung der bakteriellen DNA-Gyrase ≈ DNATopoisomerase
II (bakterielles Enzym, das die DNA in ihre Superhelix-
Quartärstruktur umwandelt)
− renale Elimination => Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz
− orale Gabe: neuere Chinolone sind bei Infektionen durch Pseudomonas und andere
multiresistente gramnegative Erreger die einzigen oral anwendbaren Antibiotika
− teils auch parenterale Gabe: Ofloxacin, Ciprofloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin
− gut gewebegängig (Lunge, Knochen, Knorpel), gut liquorgängig (Ausnahme: Norfloxacin)
− Kreuzresistenz unter Fluorchinolonen, aber keine Kreuzresistenz zu anderen Antibiotika
NEBENWIRKUNG:
− gastrointestinale Beschwerden (1-10 %): Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe
− neurotoxisch: Kopfschmerzen, Schwindel (0,1-1 %), Verwirrung; vereinzelt
Halluzinationen, Psychosen (< 0,01%), ZNS-Erregung bis hin zu Krampfanfällen (bei Epilepsie
erniedrigte Krampfschwelle)
− Überempfindlichkeitsreaktionen: Exanthem, Pruritus (0,1-1 %); seltener Petechien,
hämorrhag. Bullae (Vaskulitis), sehr selten schwerer Verlauf (Stevens-Johnson-Syndrom, Lyell-
Syndrom), sehr selten Photosensibilisierung
− hepatotoxisch: Anstieg Transaminasen (1-10 %) + alkalische Phosphatase bis zur
cholestat. Hepatitis (Lebertoxizität: Norfoxacin/Moxi > Levo > Clari > Cipro. Daher Norfloxacin
und Moxifloxacin bei entsprechenden Indikationen nicht Mittel der 1. Wahl)
− Blutbildveränderungen: Leukopenie (0,1-1 %), Eosinophilie, Thrombopenie (0,01-0,1 %),
hämolytische Anämie, Agranulozytose (< 0,01 %)
− im Tierversuch Knorpelschäden im Wachstum (beim Menschen nicht ausgeschlossen)
− Superinfektion mit Pilzen oder resistenten Bakterien (unter wiederholter oder Langzeittherapie)