Virusinfektionen 256
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Therapie-Indikation
Deutsch-Österreichische Leitlinien zur antiretroviralen Therapie der HIV-Infektion (12/2015)
Die Indikation für die antiretrovirale Therapie ist abhängig von Klinik, CD4-Zellen
und Viruslast. Generell gilt: je niedriger die CD4-Zellen und je höher die Viruslast,
umso höher das AIDS-Risiko.
Klinik CD4-Zellen antiretrovirale Therapie
HIV-assoziierte Symptome und
Erkrankungen (CDC B + C),
HIV-Nephropathie, HAND*
alle Werte eindeutig indiziert
asymptomatische Patienten < 500/μl eindeutig indiziert**
(CDC A) > 500/μl indiziert, Abwarten vertretbar***
akutes retrovirales Syndrom
alle Werte eindeutig indiziert
mit schwerer/langer Symtomatik
gering- oder asymptomatische
Serokonversion
alle Werte indiziert, Abwarten vertretbar
Tab. 9.78: Übersicht Therapieindikation (2015).
* HIV-Nephropathie und HIV-assoziiertes neurologisches Defizit (HAND) i.S. einer symptomatischen HIV-Infektion.
** dringlicher Therapiebeginn bei < 200/μl (da Risiko schwerer opportunistischer Infektionen ↑↑, Morbidität und
Mortalität auch im Verlauf erhöht), rascher Therapiebeginn bei < 350/μl (Progressionsrisiko höher als bei > 350/μl)
*** Zusatzkriterien für frühen Therapiestart (mind. 1 Kriterium): Schwangerschaft, Alter > 50 J., HCV-Koinfektion,
therapiebedürftige HBV-Koinfektion, rasches Absinken der CD4+-Zellzahl, Immunsuppression im Rahmen einer
systemischen Chemotherapie, Radiatio oder von Autoimmunerkrankungen oder Transplantationen.
Allgemeines:
− Bereits die Senkung der Plasmavirämie um 0,6 bis 2log-Stufen vermindert Morbidität und
Mortalität der HIV-Infektion. Nur die hohe antivirale Aktivität der Kombinationstherapie mit
dauerhafter Suppression der Viruslast unter die Nachweisgrenze von < 50 Kopien/ml verhindert
Resistenzen und Therapieversagen.
− keine Therapieunterbrechungen: in der SMART-Studie ist die kontinuierliche Therapie bei 200-
350 CD4-Zellen besser als ständige Therapieunterbrechungen mit konsekutivem Abfall der
Helferzellen. In neuen Therapieunterbrechungsstudien war die kontinuierlicher Therapie auch bei
350-500 CD4-Zellen v.a. bei Zusatzkriterien überlegen
− Neuerdings früherer Therapiebeginn bei asymptomatischen Pat mit > 500 CD4-Zellen infolge der
START-Studie: 4685 asymptomatische HIV-Infizierte mit > 500 CD4-Zellen (≈ gutes
Immunsystem): sofotiger Therapiebeginn versus Abwarten bis CD4-Zellen < 350/ul. Unter
sofortigem Therapiestart weniger AIDS-Fälle und weniger ernste nicht-AIDS-definierende
Ereignisse. Vorzeitiger Studienabbruch nach 3 J wegen eindeutiger Unterschiede.
− zwar sehr effektive ART, aber oft erst späte HIV-Diagnose (bereits deutlicher Immundefekt) =>
konsequente HIV-Tests bei Risikogruppen (u.a. Sex unter Männern, Sexarbeiter(innen), häufiger
Partnerwechsel) und Indikatorerkrankungen (sexuell übertragbare Erkrankungen, mononukleoseähnliche
Erkrankung, Hepatitis B oder C, maligne Lymphome, zervikale oder anale Dysplasien,
Herpes zoster, unklare Leuko- oder Thrombopenien)
Antiretrovirale Therapie ist indiziert bei (a) symptomatischer HIV-Infektion i.S. CDC-Stadium B + C, (b)
asymptomatischer HIV-Infektion mit < 500 CD4-Zellen und (c) dem akuten retroviralen Syndrom mit
schwerer oder längerer Symptomatik.
Neuerdings auch Therapieempfehlung bei asymptomatischer HIV-Infektion mit > 500 CD4-Zellen .
Therapieerfolg/Therapieversagen:
− Therapieerfolg: Abfall der Viruslast unter < 50 Kopien/ml
− Therapieversagen: Viruslast nach 3-4 Monaten (bei hoher Viruslast spätestens 6 Monaten) noch
> 50 Kopien/ml bzw. wiederansteigende Viruslast.
− Blips: vorübergehende (geringe) Virämie (50-200 Kopien/ml), Blips sind kein Therapieversagen
− Eradikation: eine Eradikation von HIV im Sinn einer Heilung gibt es bislang nicht; Viruslast
unterhalb der Nachweisgrenze bedeutet nicht fehlende Replikation; einzelne latent infizierte CD4-Zellen
bilden ein Erregerreservoir und können auch nach Jahren suffizienter Virussuppression (Viruslast unterhalb
der Nachweisgrenze) noch Viren replizieren.
− Verlaufskontrollen: meist alle 2-3 Monate, Abstände < 4 Wochen kaum notwendig; signifikante
Änderung der Virusreplikation ab einer Änderung um 0,5 bis 0,7 log 10 (entsprechend Faktor 3-6).
Eine Verminderung von Morbidität und Mortalität ist bereits durch eine Senkung der Viruslast um 1-2 log-
Stufen zu erreichen. Jedoch kann die Selektion von resistenten Virusmutanten und ein virologisches
(1) Die Indikation zur antiretroviralen Therapie ist abhängig von Krankheitsstadium und CD4-Zellzahl.
(2) Die Viruslast ist der wichtigste Parameter zur Therapieüberwachung. (3) Therapieerfolg ist durch
einen Abfall der Viruslast auf < 50 Kopien/ml definiert, aber: eine Eradikation von HIV i.S. einer
Heilung gibt es nicht.