
Virusinfektionen 272
Infektio-Guide / KAROW PHARMAKOLOGIE 2022 Infektio-Guide / KAROW PHARMAKOLOGIE 2022 Infektio-Guide / KAR
− Akute hypoxämische respiratorische Insuffizienz: Ziel-SpO2 ≥ 90 % (bei COPD > 88%)
bzw pO2 > 55 mmHg. O2-Gabe (eskalierend): Nasensonde, Venturi-Maske, High-flow-
O2-Therapie (high-flow kann Intubationsnotwendigkeit reduzieren), CPAP-Therapie
(continous positive airway pressure) oder NIV (nichtinvasive Beatmung)
SpO2 < 92 % (< 88 % bei COPD), AF ≥ 30/min
Klinische Verschlechterung, progrediente
Infiltrate, AF ≥ 30/min, PaO2/FiO2 < 150 mmHg
− CPAP / high-flow bei pO2/FiO2 100-300 mmHg (vorausgesetzt ständige Intubationsbereitschaft)
− Erwäge Intubation bei pO2/FiO2 < 150 mmHg und AF > 30/min
− Intubation empfohlen bei pO2/FiO2 < 100 mmHg (vermeide notfallmässige Intubation, NIVTherapieversagen
mit erhöhter Letalität assoziiert)
− Protektive Beatmung: Tidalvolumina < 6 ml/kg Standard-Körpergewicht, maximaler
Beatmungsdruck ≤ 30 mbar, PEEP gemäß ARDS-Network-Tabelle
− Therapierefraktäre Hypoxämie: Bauchlagerung, Kontakt ARDS-Zentrum (ECMO)
Therapie mit unklarem Nutzen:
− Remdesivir: unklarer Nutzen bei hospitalisierten, nicht beatmeten Pat. mit COVID-19
Pneumonie und Sauerstoffbedarf. Kein Nutzen bei Beatmungspat mit COVID-19.
Keine Empfehlung (i.S. Empfehlung gegen die Therapie):
− Bamlanivimab (SARS-CoV-2 spezifischer Antikörper): kein Nutzen bei hospitalisierten Pat
− Rekonvaleszenten-Plasma: ungünstiges Nutzen/Risiko-Verhältnis
− Azithromycin (antiviraler Effekt in vitro): kein gesicherter antiviraler Nutzen
− ebenso kein Nutzen für: Ivermectin, Vitamin D, Interferon β-1a/b, Anakinra, Chlorquin,
Hydroxychloroquin, Lopinavir/Ritonavir
Weitere Stichpunkte zur COVID-Pharmakotherapie (Stand 09/2021, Dtsch Ärzteblatt):
− COVID-Therapie muss sich an Krankheitsphasen orientieren: nach früher Infektionsphase mit
hoher Virusreplikation kann es im Verlauf zu einer pulmonal-vaskulären Erkrankung und einem
Hyperinflammationssyndrom kommen
− Spezifische antivirale Therapien hemmen die frühe Virusreplikation (Bsp. Remdesivir: verkürzt
Krankheitsdauer, aber keine gesenkte Sterblichkeit; kann in Frühphase ≈ bis 5-7 d nach
Symptombeginn indiziert sein (s.o.), aber generell nicht in der späten Hyperinflammation)
− Monoklonale Antikörper neutralisieren - ebenfalls in der Frühphase – COVID-Viren, Hinweise für
Nutzen bei frühem Einsatz mit Risikofaktoren für schweren Verlauf
− Dexamethason als Standard bei schwerer Erkrankung in hyperinflammatorischer Phase. Für
frühe Therapie mit Budesonid inhalativ (off-label) bei COVID ohne Asthma oder COPD bislang
keine ausreichende Evidenz. Aber: bei Asthma/COPD inhalatives Kortikosteroid fortführen.
− Andere antiinflammatorische Substanzen (z.B. IL-6-Antagonist Tocilizumab, IL-1-Antagonist
Anakinra) für hyperinflammatorische Spätphase aussichtsreich, aber off-label
Abb. 9.12a: Vorschlag zur Therapieeskalation
bei akuter respiratorischer Insuffizienz
infolge COVID.
(modifiz. nach S3-Leitlinie 2021)
AF ≈ Atemfrequenz
CPAP ≈ continous positive airway pressure
FiO2 ≈ inspiratorische Sauerstoff-Fraktion
NIV ≈ nichtinvasive Beatmung
PaO2 ≈ arterieller Sauerstoffpartialdruck
PaO2/FiO2 6.10 (ARDS)
Innerhalb weniger Stunden ist massive
respiratorische Verschlechterung möglich,
daher bei respiratorischer Insuffizienz alle
1-2 h Reevaluation.
pO2 ≤ 55 mmHg unter Raumluft, AF ≥ 30/min
O2 / high-flow
Versuch CPAP (10 mbar), NIV (PEEP 5-10 mbar)
erwäge Intubation; bei PaO2/FiO2 < 100 => Intubation
Pharmakotherapie bei COVID 19: klinischer Nutzen bei moderater bis schwerer COVID-19
Erkrankung nachgewiesen für (a) Dexamethason (Sterblichkeitssenkung bei
sauerstoffpflichtigen und beatmungspflichtigen Pat) und (b) eingeschränkt unter
Tocilizumab. Andere Substanzen mit antiviralen oder immunmodulatorischen Effekten
haben bislang keinen gesicherten Nutzen (Stand Sommer 2021).