
Virusinfektionen 257
Infektio-Guide / KAROW PHARMAKOLOGIE 2022 Infektio-Guide / KAROW PHARMAKOLOGIE 2022 Infektio-Guide / KAR
Therapieversagen mit daraus resultierender Gefahr einer klinischen Progression nur durch eine Senkung
der Viruslast < 50 Kopien/ml vermieden werden. Als Ursache, häufig jedoch auch als Konsequenz einer
unzureichenden Replikationshemmung kann eine Resistenz von HIV gegen die entsprechenden
Pharmaka auftreten.
Kombinationstherapie
Kombinationspartner 1 Kombinationspartner 2
Nukleosid-/
Nukleotidkombination
empfohlen sind:
− Tenofovir / Emtricitabin
− Abacavir / Lamivudin 1
alternativ:
− Tenofovir / Lamivudin
+
− Integraseinhibitor: empfohlen sind Dolutegravir,
Raltegravir, Elvitegravir/c (+TAF/FTC); alternativ
Elvitegravir/c (+ TDF/FTC)
− NNRTI: empfohlen sind: Rilpivirin2, alternativ:
Efavirenz3
− Proteaseinhibitor: empfohlen sind Atazanavir/r/c,
Darunavir/r/c; alternativ Lopinavir/r
Tab. 9.79: bevorzugte Kombinationen zur ART. Deutsch-Österreichische Leitlinien – 2015
1 Anwendung nach negativem Screening auf HLA-B5701, Gabe mit Vorsicht bei Plasmavirämie > 100.000 Kopien/ml
und hohem kardiovaskulären Risiko (Framingham-Score >20%/10 Jahre).
2 nicht bei HIV-RNA > 100.000 Kopien/ml, da keine Zulassung
3 keine Gabe bei Schwangerschaft oder Schwangerschaftswunsch
Vorteile der Kombination 2 NRTI + NNRTI sind die sehr gute Wirksamkeit, einfache Applikation und ein
niedriges Risiko kardiovaskulärer Komplikationen. Vorteile der Kombination 2 NRTI + PI ist die geringere
Resistenzentwicklung bei vergleichbarer Wirksamkeit. Die Kombination von 3 NRTI ist der Kombination
zweier Substanzklassen unterlegen.
Beurteilung der antiretroviralen Pharmaka für Primärtherapie:
− Nukleosid (NRTI)- /Nukleotidanaloga (NtRTI): empfohlen: Tenofovir-Disoproxilfumarat +
Emtricitabin (mit Verfügbarkeit von Tenofovir-Alafenamid ist es anstelle von Tenofovir-
Disoproxilfumarat empfohlen), Abacavir + Lamivudin. Alternativ: Tenofovir + Lamivudin, Zidovudin
+ Lamivudin.
− Nicht nukleosidische Reverse Transkriptase Inhibitoren (NNRTI): empfohlen: Rilpivirin, Efavirenz.
Nicht empfohlen: Nevirapin, Etravirin.
− Proteaseinhibitoren (PI): empfohlen: Atazanavir/r, Darunavir/r; alternativ Lopinavir/r. Nicht
empfohlen: Fosamprenavir, Saquinavir, Indinavir, Ritonavir in therapeutischer Dosis.
Proteaseinhibitoren werden zwecks höherer Wirksamkeit mit niedrig dosiertem Ritonavir oder
Cobicistat („Boosterung“) kombiniert.
− Integraseinhibitoren: empfohlen: Dolutegravir, Raltegravir, Elvitegravir.
− CCR5-Inhibitoren: Maraviroc nicht empfohlen für die Primärtherapie (geringe virologische
Wirksamkeit)
Boosterung ≈ Anhebung der Plasmaspiegel von Proteaseinhibitoren durch subtherapeutische Dosen von
Ritonavir (1-2 x 100 mg) oder Cobicistat (150 mg/d). Ritonavir hemmt als starker Inhibitor des Cytochrom
P450 Isoezyms 3A4 die Metabolisierung zahlreicher anderer Proteaseinhibitoren => Dosisreduktion, NW
↓. Beachte: Plasmaspiegelbestimmungen zur Dosisanpassung, da große Spiegelschwankungen bei
Boosterung möglich.
Therapie der Wahl ist die 3-fach Kombination (2 Nukleos(t)idanaloga + 1 geboosteter
Protease-Inhibitor oder 2 Nukleos(t)idanaloga plus 1 NNRTI oder 2 Nukleos(t)idanaloga plus 1
Integraseinhibitor). Die antiretrovirale Monotherapie oder 2-fach Kombination ist out.
Anmerkungen:
− Die unter einer antiretroviralen Therapie auftretenden Nebenwirkungen sind bei fortgeschrittenem
Krankheitsbild bzw. ausgeprägtem Immundefekt deutlich gehäuft und oftmals vom Vollbild des aquired
immunodeficiency defect syndrom (AIDS) nicht sicher zu unterscheiden.
− Viruslast < 50 Kopien/ml bedeutet nicht virusfrei ! Es muß von einer minimalen viralen Restaktivität
ausgegangen werden, worüber es zur Selektion resistenter Stämme und Wiederanstieg der Viruslast
kommen kann.
− Bei Auftreten bedeutsamer Nebenwirkungen unter Proteaseinhibitoren ist der Austausch des Protease
Inhibitors durch einen nicht-nukleosidischen reverse Transkriptase-Inhibitor indiziert.