Impfungen 304
Infektio-Guide / KAROW PHARMAKOLOGIE 2022 Infektio-Guide / KAROW PHARMAKOLOGIE 2022 Infektio-Guide / KAR
9.7.4 Vorgehen in besonderen Situationen (STIKO 2021/22)
Exposition mit Hepatitis B Virus-haltigem Material (z.B. Nadelstich)
1) Nach Exposition: Ermittlung HBs-Ag-Status des Indexpatienten und HBV-Impfstatus (Anti-HBs) des
Exponierten. Wenn Indexpatient HBsAg-negativ => keine weiteren Maßnahmen. Wenn Indexpatient
HBsAg-positiv oder HBsAg-Status nicht in 48 h ermittelbar => siehe 2)
2) Status des Exponierten:
− Vollständig geimpfte Exponierte („Empfänger“):
Anti-HBs in letzten 10 Jahren gemessen:
− Anti-HBs ≥ 100 I.E./l => keine Maßnahmen
− Anti-HBs 10-99 I.E./l => sofort Anti-HBs-Bestimmung, dann wie Tab 9.99
− Anti-HBs < 10 I.E./l => sofort Blutentnahme (HBsAg, Anti-HBc, Anti-HBs), dann simultan HB-Impfung +
HB-Immunglobulin (ohne Testergebnis abzuwarten)
Anti-HBs vor > 10 Jahren oder noch nie gemessen: sofort Anti-HBs-Bestimmung, dann wie Tab 9.99
− Unvollständig geimpfte Exponierte („Empfänger“): sofort Anti-HBs-Bestimmung, dann Tab 9.99
− Ungeimpfte Exponierte und bekannte „non-Responder“ (Anti-HBs < 10 I.E./l): sofort Blutentnahme (HBsAg,
Anti-HBc, Anti-HBs), dann simultan HB-Impfung + HB-Immunglobulin (ohne Testergebnis abzuwarten)
Aktueller Anti-HBs-Wert HB-Impfung HB-Immunglobulin
≥ 100 I.E./l nein nein
10 bis 99 I.E./l ja nein
< 10 I.E./l oder nicht in und Anti-HBs war früher ≥ 100 I.E./l ja nein
48 h bestimmbar und Anti-HBs nie ≥ 100 I.E./l oder unbekannt ja ja
Tab. 9.99: Hepatitis-B-Immunprophylaxe nach Exposition in Abhängigkeit vom aktuellen Anti-HBs-Wert.
Tetanus-Immunprophylaxe im Verletzungsfall
Dokumentierter Tetanus-
Impfstatus
Zeit seit letzter
Impfung
DTaP/Tdap-
Impfstoff (2)
Tetanus-
Immunglobulin (3)
ungeimpft o. unbekannt ja ja
1-2 Impfungen ja (4) nein
≥ 10 Jahre ja nein
saubere,
geringfügige
Wunden ≥ 3 Impfungen
< 10 Jahre nein nein
< 3 Impfungen o. unbekannt ja (4) ja
≥ 5 Jahre ja nein
alle
anderen
Wunden(1)
≥ 3 Impfungen
< 5 Jahre nein nein
Tab. 9.100
(1) tiefe u/o verschmutzte Wunden (Staub, Erde, Speichel, Kot), Gewebszertrümmerungen, Eindringen von Fremdkörpern
(Biss-, Stich-, Schusswunden), schwere Verbrennungen oder Erfrierungen, Gewebsnekrosen, septische Aborte
(2) Kinder < 6 J. => TDaP-Impfstoff, ältere Kinder Tdap (Tetanus-Impfstoff mit verringertem Diphtherietoxoidgehalt
und verringerter azellulärer Pertussiskomponente). Erwachsene erhalten auch Tdap, sofern noch keine Tdap-
Impfung im Erwachsenenalter oder sofern akutuelle Indikation für Pertussis-Impfung.
(3) übliche Dosis 250 I.E., Dosis kann auf 500 I.E. erhöht werden bei: infizierten Wunden ohne adäquate
chirurgische Therapie innerhalb 24 h und Wunden wie unter (1). Simultane Gabe des Tetanus-Immunglobulins
mit TDaP/Tdap-Impfstoff an kontralateraler Körperstelle.
(4) Falls Grundimmunisierung begonnen, aber noch nicht abgeschlossen (z.B: Säuglinge), berücksichtige Abstand
zur letzten Impfung: postexpositionelle Impfung am Tag der Wundversorgung nur sinnvoll, wenn Abstand zur
Vorimpfung mind. 28 Tage.
postexpositionelle Tollwut-Immunprophylaxe
Grad der
Tollwutverdächtiges oder
Exposition
tollwütiges Wild- od. Haustier
Tollwut-Impfstoffköder Immunprophylaxe
I Berühren/Füttern von Tieren,
Belecken der intakten Haut
Berühren von Impfstoffködern
bei intakter Haut
keine Impfung
II oberflächliche, nicht blutende
Kratzer; Lecken oder Knabbern
an nicht intakter Haut
Kontakt mit Impfflüssigkeit
eines beschädigten Impfstoffköders
mit nicht intakter Haut
Tollwut-Impfung
III jede Bissverletzung oder
Kratzwunden; Kontakt von
Schleimhäuten oder Wunden
mit Speichel; V.a. Biss oder Kratzer
durch Fledermaus oder Kontakt der
Schleimhäuten mit Feldermaus.
Kontamination von Schleimhäuten
und frischen Hautverletzungen
mit Impfflüssigkeit eines
beschädigten Impfstoffköders
Tollwut-Impfung +
simultan 1. Dosis
Tollwut-Immunglobulin
(20 I.E./kg)
Tab. 9.101 Kontaminierte Körperstellen und alle Wunden sofort mit Seife reinigen, mit Wasser gründlich spülen,
dann 70 % Alkohol oder Jodpräparat. Bei gegebener Indikation ist die Immunprophylaxe sofort durchzuführen, kein
Abwarten bis zur Klärung des Infektionsverdachts beim Tier. Inkubationszeit variiert zwischen < 10 d und > 1 Jahr
=> bei begründetem Verdacht erwäge Postexpositionsprophylaxe noch Wochen bis Monate nach Exposition.