Grundlagen Antibiotikatherapie
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9.6.1.2 Infektionsmodi
ambulant erworbene Infektionen: außerhalb des Krankenhauses erworbene Infektion
mit i.d.R. antibiotikasensiblen Erregern (wenig Resistenzen).
Leichtere Infektionen können in der ambulanten Praxis mit oralen Chemotherapeutika
therapiert werden; schwere Infektionen werden im Krankenhaus meist parenteral
anbehandelt.
nosokomiale Infektionen ≈ Krankenhausinfektionen: bei 5-10 % aller Krankenhauspatienten
treten während des stationären Aufenthalts durch geschwächte Immunabwehr
oder mangelnde Hygiene "im Krankenhaus erworbene" (≈ "hospital acquired")
Infektionen auf. Besonders häufig sind Patienten auf Intensivstationen betroffen. Die
Letalität nosokomialer Infektionen ist hoch (≈ 7%). Da im Gegensatz zu ambulant
erworbenen Infektionen diese Erreger meist durch den Selektionsdruck des
Krankenhausmilieus multiresistent geworden sind, sind sie häufig schwer zu
therapieren. Häufigste nosokomiale Infektionen: Harnwegsinfektionen, Wundinfektionen,
Pneumonien.
9.6.1.3 Therapieformen
gezielte Chemotherapie
Die gezielte Chemotherapie ist Idealform der antibakteriellen Therapie, da Erreger und
Antibiotika-Sensibilität bekannt sind.
Auswahl des günstigsten Chemotherapeutikums:
− ausreichende Blut bzw. Gewebespiegel am Infektionsort nötig
− möglichst wenig Nebenwirkungen
− möglichst selektive (≈ schmales Spektrum) Wirkung auf den Erreger, um die
körpereigene Bakterienflora wenig zu schädigen
Probleme:
− Erregerisolierung oft nicht möglich
− Erregerisolierung und Antibiogramm nach frühestens 24-48 h
− durch Kontamination werden häufig falsche Erreger isoliert
− zweifelhafte Ergebnisse bei Mischinfektionen
kalkulierte Chemotherapie
Empirische Antibiotika-Auswahl unter Berücksichtigung von Erkrankungsschwere und
Gesamtsituation (Alter, Begleiterkrankungen, ambulante/nosokomiale Infektion).
Bei akut lebensbedrohlichen Infektionen initial bis zur Erregerisolierung oder bei Infektionen, die dem
Erregernachweis unzugänglich sind (Pneumonien, Cholangitis) muß ohne Kenntnis des Erregers
therapiert werden. Beachte bei nosokomialen Infektionen das krankenhausspezifische Erregerspektrum.
Deeskalationstherapie/Sequentialtherapie
Deeskalation: initial breit wirkende Antibiotikagabe bei kalkulierter Therapie, nach
Erregernachweis bzw. Antibiogramm gezielte Therapie mit Wechsel auf schmal
wirkendes Antibiotikum
Sequentialtherapie: initial parenterale Antibiotikagabe mit nachfolgender oraler Umstellung.