Virustatika 65
Infektio-Guide / KAROW PHARMAKOLOGIE 2022 Infektio-Guide / KAROW PHARMAKOLOGIE 2022 Infektio-Guide / KAR
Viren nutzen zelluläre Enzyme und Stoffwechselwege für die eigene Vermehrung und
kommen daher mit einem Minimum an genetischer Information aus. Antivirale
Substanzen hemmen die Virusreplikation selektiv und vermeiden dadurch eine allzu
starke Zelltoxizität. Die meisten antiviralen Pharmaka interferieren mit der viralen
Nucleinsäuresynthese ( Abb 9.2). Bei Viren mit einer hohen Mutationsrate (HIV !)
kommt es unter antiviraler Therapie zu einer Selektion resistenter Stämme. Daher ist
bei der HIV-Therapie eine Kombinationstherapie obligat, Ziel bei HIV ist eine möglichst
vollständige Suppression der Virusreplikation ( 9.6.4).
9.2.4 Antivirale Pharmaka gegen Herpes-Viren
9.2.4.1 Aciclovir Zovirax®
EIGENSCHAFTEN:
− Aciclovir wird durch die virale Thymidinkinase (selektiv in virusinfizierten Zellen) und zelluläre
Kinasen phosphoryliert, das aktivierte Aciclovir ist ein Strukturanalogon zum Guanosin-
Triphosphat (Nukleosidanalogon) und wird an dessen Stelle in das Virusgenom eingebaut =>
Kettenabbruch bei der Synthese der Virus-DNA; zudem hemmt aktiviertes Aciclovir die virale
DNA-Polymerase => Abbruch der viralen DNA-Synthese
Anmerkung: Nucleosidanaloga wie Aciclovir besitzen nur Wirkung bei Virusvermehrung, keine
Wirkung bei latenten Infekten ohne Virusvermehrung
Anmerkung: in nichtinfizierten Zellen werden die Nukleosidanaloga nicht phosphoryliert (keine
virale Thymidinkinase) und diffundieren unverändert aus der Zelle
− geringe Toxizität durch hohe Selektivität; renale Elimination
− lokale (Salbe, Creme) oder systemische Gabe (p.o., i.v.)
WIRKSPEKTRUM INDIKATION
Herpes simplex Virus (HSV)
Typ I und II
− Herpes-simplex-Enzephalitis
− Herpes genitalis
− Herpes neonatorum
Varizellen-Zoster-Virus
− Infektionen durch Herpes simplex und Varizella-
Zoster-Virus bei immungeschwächten Patienten
− Prophylaxe von HSV- und VZV-Infektionen unter
immunsuppressiver Therapie (z.B.nach Transplant.)
(VZV) − Herpes zoster, Zoster oticus
Tab. 9.49 Anmerkung: Aciclovir-Augensalbe: Herpes-simplex Keratitis, Zoster der Hornhaut
Aciclovir-Hautcreme: Herpes labialis, unterstützend bei Herpes genitalis
NEBENWIRKUNG:
− gastrointestinal (gelegentl): Übelkeit, Erbrachen, Diarrhoe; Exanthem (gelegentl.);
Transaminasen ↑, Bilirubin (selten, passager); Blutbildveränderungen (selten und leicht):
Leukopenie, Thrombopenie, Anämie; Verwirrtheit, Halluzinationen, Krampfanfälle v.a. bei
kompliziertem Krankheitsverlauf
− nephrotoxisch: Auskristallisierung in Nierentubuli => ausreichend hydrieren
− paravasale Injektion: Entzündung, Nekrose
Gut verträgliches, selektiv auf infizierte Zellen wirkendes Virustatikum, das bei
Herpes-simplex und Varizella-Zoster-Infektionen eingesetzt wird. Es gibt
zwischenzeitlich einige weitere Nukleosidanaloga, Aciclovir ist die einzige auch
parenteral anwendbare Substanz bei HSV-/ VZV-Infektionen.