Virusinfektionen 258
Infektio-Guide / KAROW PHARMAKOLOGIE 2022 Infektio-Guide / KAROW PHARMAKOLOGIE 2022 Infektio-Guide / KAR
− Hauptargument für die Zurückhaltung einer ART bei akutem HIV-Syndrom sind potentielle NW,
unklare Langzeittoxizität und mögliche Resistenzen.
− Reservetherapeutika bei Therapieversagen sind: Fusionsinhibitor Enfuvirtid, CCR5-Inhibitor Maraviroc
− Schwangerschaft: bei mütterlicher Therapieindikation => Standardregime (3-fach Kombination mit
geboostetem Proteaseinhibitor oder einem NNRTI); bislang ist nur Zidovudin in der Schwangerschaft
zugelassen. Die antiretrovirale Therapie senkt das pränatale Infektionsrisiko von der Mutter auf das
Kind. Primäre Schnittentbindung anstreben.
− Stillzeit: HIV-infizierte Mütter sollen nicht stillen, um unter allen Umständen eine Übertragung der HIVInfektion
auf ihre Kinder zu vermeiden.
Resistenzen
Zunehmende Resistenzen sind das größte Problem der antiretroviralen Therapie. Die Indikation zur
Resistenzbestimmung wird zunehmend größzügiger gestellt. Primärresistenzen bestehen bei etwa 10 %
therapienaiver (bislang unbehandelter) Patienten, daher ist eine generelle Resistenztestung vor
Therapiebeginn sinnvoll. Genotypische HIV-Resistenztestung beinhaltet den Nachweis resistenzassoziierter
Mutationen (schneller und günstiger als die phänotypische HIV-Resistenztestung mit
Messung der viralen Empfindlichkeit auf antiretrovirale Substanzen).
Indikation zur Resistenztestung:
− obligat bei Therapieversagen
− empfohlen bei Therapiebeginn
− empfohlen bei Schwangeren mit Virämie (um durch optimierte Therapie die HIV-Transmission auf
das Ungeborene zu verhindern)
Absetzen der Therapie ?
Je häufiger eine Therapie unterbrochen wird, umso größer das Risiko einer Resistenzentwicklung.
Therapiepausen aus strategischen Gründen (NW/Toxizität ↓, immunologisch i.S. Impfeffekt) haben
keinen erwiesenen Nutzen. Eine ART gehört lebenslang ohne Unterbrechung eingenommen,
Therapiepausen nur im Ausnahmefall (wie intolerable NW).
HIV – Postexpositionsprophylaxe (PEP)
Deutsch-Österreichische Leitlinien 2013
Beginn möglichst innerhalb 24 h: je früher, desto wirksamer (Beginn nach > 72 h wird nicht empfohlen,
außer bei infizierten Blutprodukten).
Berufliche PEP-Indikation abhängig von Art der Exposition und Viruslast (Kopien/ml):
Expositionsereignis Viruslast bei Indexperson
> 50 Kp/ml o. unbekannt < 50 Kopien/ml
massive Inokulation (> 1 ml) potentiell virushaltiger
Flüssigkeit (v.a. Blut, Liquor)
PEP empfohlen PEP
empfohlen
Stichverletzung mit Hohlnadel bzw. Schnittverletzung mit
kontaminiertem Skalpell/Messer
PEP empfohlen PEP anbieten
virushaltige Flüssigkeit auf Schleimhaut oder nichtintakter
Haut
PEP anbieten nicht indiziert
Urin/Speichel perkutan, Blutkontakt mit intakter Haut,
Schleimhautkontakt mit Urin oder Speichel
nicht indiziert nicht indiziert
Nicht-berufliche PEP-Indikation abhängig von Viruslast (VL): GV ≈ Geschlechtsverkehr
− PEP empfohlen: bei „Needle-Sharing“, vaginalem/analen GV mit Indexperson mit VL > 1000 Kp/ml
− PEP anbieten: bei GV mit Indexperson mit VL 50-1000 Kp/ml oder unbekanntem HIV-Status
unter homosexuellen Männern
− keine PEP-Indikation: GV mit Indexperson mit VL < 50 Kp/ml, heterosexuelle Kontakte mit
Unbekannten, Oralverkehr, Blut/Sperma auf intakter Haut
Neue Standard-Prophylaxe: Emtricitabin / Tenofovir + Raltegravir (Emtricitabin 200 mg / Tenofovirdisoproxil
245 mg alle 24 h, Raltegravir 400 mg alle 12 h über 30 Tage)