11. Arzneitherapie in der Neurologie 210
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Erythema migrans ist bei der Borreliose die frühe, lokalisierte Infektion: Antibiotikum (1. Wahl
Doxycyclin) empfohlen.
Leitlinie Neuroborreliose (DGN 2018)
− Der klinische Verdacht auf Neuroborreliose (Hirnnervenausfälle, Meningitis, Meningoradikulitis,
Enzephalomyelitis) kann durch Nachweis entzündlicher Liquorveränderungen plus
borrelienspezifische intrathekale Antikörper bestätigt werden
− Antibiotika bei früher und später Neuroborreliose: Doxycyclin, Ceftriaxon, Cefotaxim, Penicillin G,
Therapiedauer 14 d bei früher Neuroborreliose bzw. 14-21 d bei später Neuroborreliose.
Anmerkung: Doxycyclin ist gegenüber Betalaktam-Antibiotika gleichwertig.
Leitlinie kutane Lyme-Borreliose (AWMF 2016) – Maßnahmen nach Zeckenstich:
− rasche Zeckenentfernung: Zecke möglichst bald entfernen, optimal sind Zeckenpinzetten oder Zeckenkarten
(Zecke langsam aus den Haut ziehen, kein Drehen, kein Öl oder Klebstoff). Vermeide Quetschen des
Körpers – falls Rest des Stechapparats (oft als „Kopf“ fehlinterpretiert), diesen mit steriler Nadel oder Kürette
entfernen (bzgl Borrelienübertragung ist Verbleiben des Stechapparates unbedenklich)
− Körper und bei Kindern v.a. auch den Kopf nach weiteren Zecken absuchen
− Nachbeobachtung: Haut an Einstichstelle für 6 Wo beobachten: unmittelbar nach Stich auftretende Rötung
bildet sich nach wenigen Tagen zurück: wenn dann erneute Rötung oder Vergrößerung der initialen Rötung
auf ≥ 5 cm => Erythema migrans (Therapie: bevorzugt Doxycylin – auch bei noch fehlendem
Antikörpernachweis im Blut)
− Hämatogene Verbreitung (auch ohne Rötung der Haut) meist grippeähnlich, Borrelienantikörper sinnvoll
− nicht generell prophylaktisch Antibiotika nach Zeckenstich (Zecken gebietsabhängig in 20-40 % infiziert)
− Zeckenuntersuchung auf Borrelien nicht empfohlen (bei positivem Nachweis unklar, ob Zecken übertragen
wurden, bei negativem Ergebnis ist Übertragung nicht sicher ausgeschlossen)
11.7.5 Früh-Sommer-Meningoenzephalitis (FSME)
Allgemeines:
− FSME-Virus durch Zecken übertragen (Hauptvirusreservoir sind Kleintiernager im Wald); Übertragung
innerhalb der ersten Stunden nach Zeckenstich; nach Zeckenstich in 1/3 klinische Manifestation
− FSME-Risikogebiete D: Bayern, Baden-Württemberg, Südhessen, südöstliches Thüringen
− in 2/3 zweigipfliger Fieberverlauf: nach Inkubationszeit von 10 Tagen (5-28) zunächst 1 Woche
grippeähnlich mit Kopfschmerzen, Fieber (Serologie und Liquor oft noch unauffällig), passagere
Besserung, nach wenigen Tagen erneut Fieber und Ausbildung von:
− isolierter Hirnhautentzündung (Meningitis ähnlich anderer viraler Meningitiden, oft hohes Fieber) in 50%
− plus Hirnentzündung (Meningoenzephalitis: Ataxie, Bewusstseinsstörungen, Lähmungen von
Extremitäten u/o Hirnnerven mit Gesichtslähmung, Hör-, Schluck-, Sprechstörung) in 40 %
− plus Rückenmarksentzündung (Meningoenzephalomyelitis: schlaffe Lähmungen Extremitäten) in 10%
− Serologie: 2-4 Wo nach Zeckenstich IgM-Antikörper, 1-2 Wo später IgG-Antikörper: nur gleichzeitiger
Nachweis von IgM und IgG gegen FSME beweist bei entsprechender Klinik und fehlender Impfung die
akute Infektion (isoliert oder leicht erhöhtes IgM auch als Kreuzreaktion gegen andere Flaviviren); falls
Befund unsicher, erwäge Liquoranalyse (IgG im Liquor, FSME-RNA per PCR)
− DD: bei schwerer Virusmeningitis auch an Herpesenzepahlitis (MRT: temporal typischer Befund; HSV-PCR
im Liquor positiv) denken und bis zur Diagnosesicherung antiviral gegen Herpesenzephalitis therapieren
− aktive Impfung: Grundimmunisierung mit 3 Teilimmunisierungen, dann Auffrischungen nach 3-5 J.; laut
STIKO bei Personen, die in Risikogebieten wohnen oder arbeiten plus Zeckenexposition ( 9.7.3)
Borreliose versus FSME
Borreliose FSME
Überträger Zecke Ixodes ricinus
Erreger Bakterien (Borrelia burgdorferi u.a.) Flavi-Virus (FSME)
Risikogebiet in D ganz Deutschland v.a. Süddeutschland
Erregerbefallene Zecken 20 bis max 40 % ca 3 %, regional höher
Neuerkrankungen bis 50.000 (geschätzt) ca 500 / Jahr in Deutschland (gemeldet)
Klinik Erythema migrans, Arthralgie, selten Meningitis/
Hirnnervenparesen, sehr selten kardial
grippeähnlich, starke Kopfschmerzen, hohes
Fieber, dann Meningitis, Meningoenzephalitis
Therapie Antibiotika: gut wirksam bei früher Infektion nur symptomatisch
Impfung keine verfügbar aktive Impfung (Encepur, FSME-Immun)
Tab. 11.26